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"Return to Running" oder "Wann darf ich wieder laufen gehen?"

Aktualisiert: 9. Aug. 2023


Wann darf ich nach einer Schwangerschaft (wieder) anfangen zu Joggen? Eine Frage, die viele Mamas beschäftigt und ein Sport der so einfach umzusetzen scheint. Sportklamotten, Turnschuhe an und los.


Wann jedoch der richtige Zeitpunkt ist und was du dabei beachten solltest, lässt sich leider nicht einfach und pauschal beantworten. Denn Fakt ist es, dass Joggen eine „High-Impact-Sportart“ ist, die von deinem Körper einiges verlangt und somit nicht zu unterschätzen ist! Ein unvorsichtiger und übermotivierter Start in den Laufsport kann dir Probleme wie z. B. einen verspannten Beckenboden, Inkontinenz und/oder Organsenkungen bescheren. Außerdem ist jede Frau, jede Schwangerschaft und jede Geburt etwas ganz Individuelles, wodurch grundsätzlich die eigene Ausgangssituation in diese Entscheidung mit einfließen sollte. Woran du dich bei diesen Überlegungen orientieren kannst, sind einerseits Richtlinien und andererseits bestimmte Übungen mit denen du deinen Ist—Zustand in Bezug auf den Laufsport einfach zu Hause testen kannst.


Und direkt eines vorneweg: Es lohnt sich wirklich in gute Laufschuhe zu investieren. Dein Körper wird es dir danken. Bevor du jedoch direkt euphorisch in den nächsten Onlineshop für stylische Laufschuhe wechselst, lies bitte erstmal hier weiter!


Um auf diese immer wieder kehrende Frage eine fundierte Antwort geben zu können, habe ich extra eine Fortbildung zum diesem Thema besucht und möchte das dort gewonnene Wissen nun hier mit dir teilen und dir damit einen Leitfaden für deinen Widereinstieg geben:


Wann kann es losgehen?

Im Wochenbett, also mindestens bis acht Wochen nach Geburt, kommt hoffentlich niemand auf die Idee Laufen zu gehen. Denn in dieser Zeit ist das ein absolutes No Go! Bitte, bitte nicht! Egal wie fit du dich fühlst.

Ganz allgemein heißt es, dass mit dem Laufen begonnen werden kann, sobald die Rückbildung erfolgreich abgeschlossen ist und du über einen guten körperlichen und seelischen Allgemeinzustand verfügst. Aber wann ist denn die Rückbildung abgeschlossen? In aller Regel noch nicht nach einem Kassen-Rückbildungskurs. Für viele Mamas ist das erst der Anfang. Dass die Krankenkassen in der Regel einen Rückbildungskurs übernehmen, gib uns fälschlicherweise das Gefühl, dass wir somit nach diesem einen Kurs mit der Rückbildung durch sein sollten. Das jedoch ist ein Trugschluss. Ganz grob kann man sagen: So wie die Schwangerschaft knapp ein Jahr gebraucht hat um das Gewebe zu dehnen, so benötigt das Gewebe nach der Geburt auch knapp ein Jahr, um bis in die Tiefe geheilt zu sein. Somit kannst du aber sicher zwischen drei und sechs Monaten nach Geburt zumindest mit deinen Überlegungen beginnen. Ist der Zeitpunkt gekommen und du beginnst mit dem Training, dann starte mit einem sanften Aufbauprogramm, wie z. B. flottem Walken und renne nicht einfach sofort los.


Stillst du noch?

Sport beeinträchtigt laut einer Studie nicht nachweislich die Muttermilchproduktion. Aber beachte bitte, dass in der Stillzeit dein Gewebe wie z. B. dein Beckenboden, stabilisierende Bänder (also auch der Halteapparat von Organen im Beckenraum) oder auch dein Fußgewölbe immer noch weicher sind als vor der Schwangerschaft und deinem Körper somit definitiv noch eine gewisse Stabilität fehlt. Stillst du nicht mehr jeden Tag (z. B. 2 – 3 x pro Woche), so wird bereits zu diesem Zeitpunkt das Gewebe schon wieder etwas belastbarer.

Achte unbedingt auf gutes Schuhwerk und investiere in gute Laufschuhe, passend zu deinem „jetzigen“ Fuß. Genauso wichtig ist eine gute und ggf. auch neue Sportunterwäsche. Deine Brust sollte gut gestützt sein. Ebenso erhöhe deine Trinkmenge entsprechend.

Meine Empfehlung: Stille dein Baby vor dem Training oder pumpe zumindest Milch ab. Einerseits vermeidest du so Zeitdruck während oder nach dem Training, andererseits werden deine Brüste etwas leichter und unempfindlicher, um Schmerzen durch volle und schwere Brüste zu vermeiden.


Gegenanzeige Beckenboden

Inkontinenz zählt ab dem ersten Tropfen! Also auch schon bei gelegentlichen, vereinzelten Tröpfchen beim Husten, Niesen oder Lachen. Aber auch ein Fremdkörpergefühl in der Scheide, Stuhl- und/oder Windinkontinenz, Scheidenpupse, Rückenschmerzen (LWS), Unterleibsschmerzen, Brennen im/am Schoßraum – all das sind mögliche Anzeichen einer Beckenbodenschwäche. Und somit absolute Gegenanzeigen für High Impact Sport - zumindest zur jetzigen Zeit.


Bei diesen Themen kann ich dir gerne mit meinem „Beckenboden Coaching“ weiterhelfen. Gemeinsam analysieren wir genau deine jetzige Situation und du lernst sie zu verstehen. Du lernst für dich passende Übungen kennen und wir klären, was dir für den Laufsport noch fehlt bzw. wie du dich darauf vorbereiten kannst.


Weitere Risikofaktoren

- Wie geht es dir psychisch? Bist du mit deinem Körper sehr unzufrieden und möchtest deshalb mit dem Joggen beginnen? Oder freust du dich einfach nur darauf endlich wieder Sport zu treiben und etwas für dich und deinen Körper zu tun? Eine hohe Unzufriedenheit mit deinem Körper kann dich unter Umständen dazu bringen zu schnell und zu intensiven Sport zu treiben. Sei deshalb bei diesem Punkt unbedingt dir selbst gegenüber ehrlich und dementsprechend rücksichtsvoll. Übertreibst du es, könnte es unter Umständen noch schwieriger werden deine Ziele zu erreichen.

- Hattest du eine Bauchgeburt (Kaiserschnitt) oder andere Narben im Bauchbereich, so müssen diese vollständig abgeheilt sein und im Idealfall auch störungsfrei sein.

- Übergewicht (BMI > 30) würde deine Gelenke, Beckenboden etc. sehr belasten. Vielleicht suchst du dir zu Beginn lieber eine schonendere Sportart.


Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett

Regelmäßiges Beckenbodentraining in der Schwangerschaft reduziert das Risiko für das Auftreten und die Stärke einer Belastungsinkontinenz postpartum. Aber bitte nicht übertreiben! Schließlich soll sich dein Beckenboden für die Geburt vollständig öffnen und loslassen können!

Atem- und Wahrnehmungsübungen für Beckenboden und Bauch, sowie sanftes Ganzkörpertraining mit geringer Intensität können und sollten bereits im Wochenbett begonnen werden (sofern kein frisches Blut mehr fließt und Wunden/Narben verheilt sind).

Eine das Wochenbett abschließende, ärztliche Nachkontrolle sollte unbedingt durchgeführt werden.

Nach dem Wochenbett kann mit einem langsamen und systematischen, den eigenen Parametern (mein eigener Ist-Zustand) entsprechenden, Trainingsaufbau begonnen werden. Aber Vorsicht: Das heißt noch lange nicht los joggen!


Was versteht man unter „systematischem Trainingsaufbau“ oder „sanftem Aufbautraining“?

Kurz gesagt geht es darum, dass du nicht von jetzt auf gleich deine Turnschuh schnürst und einfach los läufst. Steige nach dem Wochenbett mit flotten Spaziergängen und Walken in den Laufsport ein (Immer unter Berücksichtigung von „Ist alles verheilt? Ist mein Beckenboden stabil? Habe ich noch körperliche Symptome?). Achte dabei auf deine Haltung, deinen Atem und deinen Kontakt zum Boden. Und ganz wichtig: Spüre dich währenddessen zu deinem Beckenboden hin? Wie fühlt er sich dabei an? Integriere dein Beckenbodentraining in den Alltag. Baue in dein vorbereitendes Trainingsprogramm Übungen ein, die dich einerseits auf das Stabilisieren im Einbeinstand vorbereiten (Beinwechsel während dem Joggen) und andererseits die Fähigkeit deines Beckenbodens stärken, reflektorisch zu reagieren (jeder Schritt gibt einen Stoß Richtung Beckenboden ab).


Welche Parameter muss ich nun konkret erfüllen? Wie kann ich mich selbst Testen?

Grundsätzlich darf keine Inkontinenz oder Organsenkung vorliegen!


Ansonsten solltest du folgendes SYMPTOMFREI können:

- 30 Minuten aktives Gehen

- 10 Sekunden auf einem Bein stehen (beidseitig)

- 10 Einbeinkniebeugen (beidseitig)

- 1 Minute auf einer Stelle joggen

- 10 x auf einem Bein auf einer Stelle auf und ab springen (beidseitig)

- 10 x auf einem Bein stehen, die Hüfte des Spielbeins beugen und strecken mit gleichzeitiger Beugung und Streckung des gegenüberliegenden Arms (entspricht sich wiederholender Laufbewegung auf nur einer Seite und nur auf der Stelle – das Standbein bleibt das Gleiche und behält immer Bodenkontakt) (beidseitig)


Auch deine Hauptmuskelgruppen solltest du auf ihre Kraft hin überprüfen. Bei den folgenden Krafttests für Rumpf- und Beinmuskulatur sollten 20 Wiederholungen ohne Ausweichbewegung erreicht werden.

- Zehenspitzenstand auf einem Bein (beidseitig)

- Einbeinige Brücke (beidseitig)

- Einbeiniges Aufstehen von einem Stuhl (beidseitig)

- Abspreizen/Anheben/Abduktion des Beins aus der Seitenlage (beidseitig)


Bist du noch dabei? Bravo! Jetzt gönne dir jedoch bitte erstmal eine Pause und beobachte für 48 Stunden dein Befinden. Denn auch innerhalb dieser Zeit, sollten keine Symptome auftreten. Das gilt übrigens auch später, sobald du mit dem Laufen begonnen hast!


Wenn es so weit ist – Der Laufplan

Es gibt verschiedene Ansätze, wie du wieder ins Lauftraining einsteigen kannst. Generell kann man sagen, dass langsam, auf kurzen Strecken mit begrenzter Zeit und in Intervallen begonnen wird. Setze dir realistische und gesunde Ziele und höre auf deinen Körper!


Empfohlen ist zu Beginn eine Strecke von ca. 3 km und eine maximale Trainingsdauer von 20 Minuten. Starte mit 1 – 2 Minuten entspanntem Joggen, dann gehen, bis die 3 km geschafft sind. Steigere anschließend erst die Laufstrecke, sowie die jeweilige Laufzeit am Stück – wöchentlich um 10%. Die Geschwindigkeit wird zuletzt erhöht.


Das „Couch to 5 km“ Programm startet mit drei Laufeinheiten in Woche 1. Gestartet wird mit 5 Minuten schnellen Gehen, gefolgt von abwechselnd 1 Minute Joggen und 90 Sekunden Gehen für eine Gesamtdauer von 20 Minuten.


Was du noch beachten solltest

Kleinere Schritte helfen dir dabei eher auf dem Mittelfuß und weniger auf den Fersen zu landen. Das macht den großen Unterschied, dass deine Landung deutlich geringere Schläge auf deinen Beckenboden und dein gesamtes System einwirken lässt.


Und so schön es ist sich von einem zur Schrittfrequenz passenden Beat begleiten zu lassen, lass bitte trotzdem zu Beginn deine Kopfhörer zu Hause. Nur so kannst du deinen Schritten zu hören und bekommst ein Gefühl dafür was es bedeutet "leise" zu laufen. Vielleicht hilft es dir dabei dich selbst als Feder oder als Schneeflocke vorzustellen.


Woran erkenne ich, wenn ich zu früh begonnen habe oder zu viel wollte

Symptome wie z. B.

- Druck- oder Zuggefühl im Beckenbodenbereich

- Inkontinenz (Harn, Winde oder Stuhl)

- Harndrang während dem Laufen

- Schmerzen im Becken oder Lendenwirbelsäulenbereich

- Nicht der Monatsblutung zuordenbare Blutungen

- Vorwölben oder Einziehen entlang der Bauchmittellinie (Rectusdiastase)


Bist du dir aufgrund von Symptomen unsicher, ob du mit dem Laufen beginnen kannst oder sind welche der genannten Symptome nach deinem Training aufgetreten? Dann hole dir unbedingt Hilfe von kompetentem Fachpersonal, lasse dich beraten und in diesem Prozess begleiten. Gerne biete ich dir genau das im Rahmen meiner Beckenboden Coachings an. Ansonsten mache dich auf die Suche nach Laufexperten in deiner Umgebung, die dich hierzu gezielt anleiten können.

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